Straßburger Erkundungen II: Friederike
Mit einiger Sicherheit wissen wir: Im Herbst 1770 reitet
Goethe mit seinem Freund Weyland nach
Sessenheim
und wird von diesem bei der Pfarrersfamilie Brion eingeführt. Hier
entspinnt sich eine Liebesbeziehung zur Tochter Friederike (1752-1813,
aber schon das Geburtsdatum ist zweifelhaft, weil die Kirchenbücher
in der Revolution vernichtet wurden). Durch Briefe an den Straßburger
Aktuarius Salzmann besonders gut dokumentiert ist ein Aufenthalt in Sessenheim
von Ende Mai bis Ende Juni 1771, doch erfahren wir aus diesen Briefen viel
weniger über Friederike als über Goethes widersprüchliche
Seelenverfassung - und auch über sie eigentlich nur, daß sie
widersprüchlich ist. Von den Briefen Goethes nach Sessenheim ist nur
einer, der erste, als Konzept erhalten. Nach der Beendigung des Studiums
im Sommer 1771 fand die Beziehung zu Friederike ein Ende. Alles weitere
'wissen' wir aus Dichtung und Wahrheit. Gegenüber Eckermann
aber hat Goethe zur Geschichte von Sessenheim geäußert, in ihr
sei "kein Strich enthalten, der nicht erlebt, aber kein Strich so, wie
er erlebt worden" (17. 2. 1830) ...
Der poetische Ertrag jedenfalls sind die 'Sessenheimer
Lieder', namentlich
Mit einem gemalten Band, Maifest und
Willkommen
und Abschied, die erst 1775 in Jacobis Zeitschrift 'Iris'
veröffentlicht wurden. Frühfassungen, die in die Zeit von 1770/71
gehören, wurden 1835 entdeckt: Der Philologiestudent Heinrich Kruse
war damals, angeregt durch Dichtung und Wahrheit, ins Elsass gepilgert
und hatte bei Friederikes Schwester Sophie noch ein Manuskript mit 10 Gedichten
gefunden. Erhalten sind nur noch Kruses Abschriften dieser Gedichte, unter
anderem das später "Mit einem gemalten Band" betitelte:

Kleine Blumen,
Kleine Blätter
Streuen mir mit leichter
Hand
Gute iunge FrühlingsGötter
Tandlent auf ein luftig
Band
|
Schicksal
Seegne diese trieben
Laß mich ihr
und laß Sie mein
Laß das Leben
unsrer Liebe
Doch kein Rossen Leben
sein |
Zephier nimms
auf deine Flügel
Schlings um meiner
Liebsten Kleid
Und dan tritt sie
für den Spiegel
mit zufriedener Munterkeit
|
Mädgen
das wie ich Empfindet
Reig mir deine Liebe
Hand
Und das Band daß
uns verbindet
sey kein schwages
Rossen Band. |
Sieht mit
Rosen sich umgeben
Sie wie eine Rosse
iung
- einen Kuß
geliebtes Leben
Und ich bin belohnt
genu<n>g,
|
:/:
<Beginn des nächsten
Gedichts:>
Balde seh ich Rickgen
wieder
Balde bald umarm ich
Sie
Munter tantzen meine
Lieder
Nach der süssten
Melodie,
Ach wie Schön
hats mir geklungen
Wenn Sie meine Lieder
sang <...> |
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