Nie
ließ Goethe Zweifel daran, daß er dem religiösen Schwärmertum
des 'lieben Gottesschwätzers' (Herder) nicht folgen konnte und wollte.
Und doch ist Lavater noch 1779 für ihn der "beste größte
weiseste innigste aller sterblichen und unsterblichen Menschen die ich
kenne". (An Charlotte von Stein) Lavater hatte offenbar seine Freude
an der Zuneigung wie am Spott seines jungen Freundes und hegte die Hoffnung,
ihn doch noch auf die Seite des wahren Glaubens zu bringen. Doch
dieser Schwebezustand von Liebe im Persönlichen und Distanz
im Ausdrücklichen konnte nicht von Dauer sein. Lavaters Sucht,
in Wundern empirische Zeugnisse seines Christus-Glaubens aufzufinden, führte
ihn in die Nähe der großen Schwindler seiner Zeit, des
Teufelsbanners Gaßner oder Cagliostros. Nach der Italienreise gehört
Lavater für Goethe zur Klasse der betrogenen Betrüger.
Goethe
dictirt weiter.
II. Sura <nach Lavaters Gedicht, der
'ersten Sure'>
Es ist so viel Heimweh in der Welt, daß
eins dem andern die Wage halt.
Da streckt er sich in seinem Bett - denkt,
o daß ich mein weibchen hätt'.
Ich kröne <gräme> mich in
meinem Sinn; fort ist die gute Mayerin!
Doch hoffen wir wieder Mayenfreüd,
Er lehret, u: bekehrt die Leüt'
Ich fahr zum schönen Liesel heüt;
<Satz von fremder Hand:> Er Hr. Verfaßer
ist noch ein wilder Vogel den Gott ganz anders wird Pfeiffen lernen.
explicit Sura.
Nach Abschiedsvisiten - - beym Dr. Kämpf, wollte nichts von mir nehmen - (gab in die Apotheck 1 Thlr.) Posthalter - Brief noch v. Jgfr. Muralt v. Zofingen! - gite Seele -
Goethe
schrieb an die Wand.
wenn du darnach was fragst,
wir waren hier,
du, der du nach uns kommen magst,
hab wenigstens so frisches Blut
5 u: sey so leidlich, fromm und gut
u: leidlich glücklich, als
wie wir!
Den 18jul. 74. Goethe.